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MiFIR-Review – Mehr Transparenz durch ausgeweitete Meldevorschriften

TL;DR

Mehr Bürokratie oder mehr Klarheit? Mit dem MiFIR-Review will die EU vor allem eins: mehr Transparenz auf dem Kapitalmarkt. Ein Überblick über die Kernelemente – und warum sie für den Markt relevant sind. 

  • Mit dem MiFIR-Review treten zahlreiche Änderungen für den Wertpapierhandel in Kraft – von neuen Transparenzpflichten bis zu strengeren Vorgaben beim Reporting. 

  • Besonders betroffen ist das Transaktions- und Referenzdatenreporting, das künftig detaillierter und stärker mit EMIR und SFTR harmonieren wird. 

  • Erste Maßnahmen gelten bereits seit März 2024, viele weitere werden bis 2027 folgen und Finanzinstitute vor erhebliche Umsetzungsaufgaben stellen. 

Bereits im Februar 2020 kündigte die EU-Kommission an, die im Jahr 2018 in Kraft getretene Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (Markets in Financial Instruments Directive, MiFID II) sowie die begleitende Verordnung Markets in Financial Instruments Regulation (MiFIR) umfassend zu überarbeiten. 

Ziele des MiFIR-Reviews: 

  • Markttransparenz erhöhen  

  • Globale Wettbewerbsfähigkeit der EU-Kapitalmärkte stärken 

  • Handelsverpflichtungen optimieren 

  • Datensicherheit und -verfügbarkeit verbessern 

  • Anlegerschutz sowie die Effizienz der Kapitalmärkte steigern  

Am 25. November 2021 legte die EU-Kommission erste Vorschläge vor, die als MiFIR-Review (MiFIR II) bzw. MiFID III bezeichnet wurden. Nach der Einigung im Rat im Dezember 2022 und der vorläufigen politischen Einigung zwischen EU-Parlament und Rat im Juni 2023 wurden die Änderungen Anfang 2024 final verabschiedet. Mit der Veröffentlichung der Richtlinie (EU) 2024/790 (MiFID III) und der Verordnung (EU) 2024/791 (MiFIR-Review) im Amtsblatt der EU traten sie am 28. März 2024 in Kraft. Mehrheitlich wurde dabei in die bestehende MiFIR eingegriffen, um insbesondere die Markttransparenz deutlich zu erhöhen. Daher werden nachfolgend die Kernelemente des MiFIR-Reviews vorgestellt, die für Marktteilnehmer:innen die umfangreichsten Anpassungen mit sich bringen. 

Zielscheiben Illustration mit Kernelementen wie Datensicherheit und Co.

Kernelemente des MiFIR-Reviews 

1. Einführung von 8a-Derivaten als neue Instrumentenklasse 

Ein Novum des MiFIR-Reviews ist die Einführung sogenannter 8a-Derivate. Die Bezeichnung lehnt sich an den Gesetzesentwurf an und umfasst bestimmte OTC-Derivate (außerbörslich gehandelte Derivate), die an Kriterien wie die Notierung in definierten Währungen (z. B. Euro, Britisches Pfund, Japanischer Yen oder US-Dollar) und an Standardlaufzeiten geknüpft sind. Diese Derivate werden künftig Bestandteil des Instrumentenkatalogs der MiFID II/MiFIR sein und somit fortan ebenfalls den entsprechenden Transparenzpflichten unterliegen. 

2. Einrichtung konsolidierter Datenticker 

Eine weitere zentrale Maßnahme des MiFIR-Reviews ist die Einrichtung konsolidierter Datenticker (Consolidated Tape, CTP) für jeweilige Anlageklasse – also Aktien, börsengehandelte Indexfonds, Anleihen und derivative Finanzinstrumente. Diese Datenbereitstellungsdienste sollen mit einem diskriminierungsfreien und kostenlosen Zugang zu Marktdaten einen wesentlichen Beitrag zur Erreichung der Kapitalmarktunion leisten. Ziel ist es, die Markttransparenz in den genannten Assetklassen deutlich zu verbessern – und zwar für alle Marktteilnehmer:innen, insbesondere auch Kleinanleger:innen. So erhalten Marktteilnehmer:innen umfassende Informationen zu sämtlichen Finanzinstrumenten, etwa zu Preisen, Volumen und Transaktionszeitpunkten. Damit wird es möglich, Anlageentscheidungen auf einer deutlich breiteren Informationsbasis zu treffen. 

3. Vorhandelstransparenzpflicht: Mehrheitlich Erleichterungen für Finanzinstitute 

Weitere vorgesehene Anpassungen zielen auf die Vor- und Nachhandelstransparenzpflichten ab, die Marktteilnehmer:innen – insbesondere Finanzinstitute – erfüllen müssen. Im Rahmen der Vorhandelstransparenzpflicht (VHT) gilt weiterhin: Marktteilnehmer:innen müssen aktuelle Geld- und Briefkurse sowie Handelsgrößen ihrer Transaktionen so schnell wie möglich vor einem entsprechenden Geschäftsabschluss veröffentlichen.  

Mit dem MiFIR-Review ergeben sich mehrere Änderungen: 

  • Beschränkung des Anwendungsbereichs: Für Nichteigenkapitalinstrumente wie Anleihen, strukturierte Finanzprodukte und Emissionszertifikate gilt die VHT künftig nur noch auf bestimmten Handelsplattformen (Handelssysteme mit fortlaufendem Limit-Orderbuch oder mit periodischen Auktionen).  

  • OTC-Derivate: Die VHT-Vorschriften sollen bei OTC-Derivaten künftig nur noch bei den neu definierten 8a-Derivaten Anwendung finden. 

  • Eigenkapitalinstrumente: Für Aktien, Aktienzertifikate, börsengehandelte Fonds oder Zertifikate ist zukünftig ein verbindliches Meldetableau vorgesehen, das eine präzisere Veröffentlichung der relevanten Daten und eine entsprechende Vergleichbarkeit gewährleisten soll.  

  • Ausnahmeregelungen: Inanspruchnahme von sogenannten „Waivern“ wird vereinfacht, sodass Marktteilnehmer:innen unter bestimmten Umständen von der VHT befreit werden können. 

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4. Nachhandelstransparenzpflicht: Anpassungsbedarfe durch striktere Vorgaben 

Auch bei der Nachhandelstransparenzpflicht (NHT) bringt das MiFIR-Review Änderungen mit sich. Die NHT verpflichtet Marktteilnehmer:innen, maßgebliche Transaktionsdaten wie Preis und Volumen eines abgeschlossenen Geschäftes möglichst in Echtzeit über ein zentrales Register zu veröffentlichen. Dieses Register wird als Approved Publication Arrangement (APA) bezeichnet. 

Betroffen sind mehrere Bereiche: 

  • Meldetableaus für Eigenkapital- und Nichteigenkapitalinstrumente erfahren kleinere Justierungen 

  • Im Deferral-Regime (das Möglichkeiten für eine verzögerte Meldung klar definiert) werden umfassende Änderungen vorgenommen.  

Ferner wird künftig eine strikte regulatorische Trennung eingeführt: Zwischen Anleihen, strukturierten Finanzprodukten und Emissionszertifikaten einerseits sowie Derivaten andererseits – ergänzt um die Kategorie der sogenannten „Packed Orders“. So soll den spezifischen Meldeanforderungen der Instrumente sowohl der NHT als auch der VHT Rechnung getragen werden. 

5. Transaktionsreporting: Ausweitung des Umfangs und Harmonisierung mit EMIR und SFTR 

Auch das Transaktionsreporting ist von weitreichenden Änderungen betroffen. Es verpflichtet Marktteilnehmer:innen zu einer detaillierten Meldung von Transaktionsdetails an ein zentrales Melderegister, auch Approved Reporting Mechanism (ARM) genannt. Der Umfang und Detaillierungsgrad dieser Meldungen sind dabei deutlich umfangreicher als bei der VHT/NHT und richten sich primär an nationale Aufsichtsbehörden.

Durch die Maßnahmen des MiFIR-Reviews soll erreicht werden, dass Transaktionsdetails noch granularer abgebildet werden. Das zweite Ziel ist eine stärkere Harmonisierung mit anderen europäischen Melderegimen – insbesondere der Marktinfrastrukturverordnung (EMIR) sowie der Securities Financing Transactions Regulation (SFTR).  

Die Ziele sollen zum einen durch die Einführung neuer Meldefelder erreicht werden. Wie z.B. durch einen „Chain Identifier“ zur Identifikation von Transaktionsketten, einen „INTC Identifier“ zur Abbildung von Auftragsseiten bei sogenannten Block Trades oder einen „Transaction Identifier Code“ (TIC) für Transaktionen über Handelsplätze außerhalb der EU und für OTC-Geschäfte. Zum anderen sollen bestehende Felder angepasst werden, wie beispielsweise das des Seller- und Buyer-Identifikators.

Zu eben dieser Angleichung und Vereinfachung der bestehenden Melderegime (MiFIR, EMIR und SFTR) hat die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) am 23. Juni 2025 ein Konsultationspapier vorgelegt, in dem eine tiefgreifendere Reformierung des Meldewesens diskutiert wird. Die Konsultationsphase lief bis Mitte September, der finale Bericht wird von der ESMA Anfang kommenden Jahres veröffentlicht. 

6. Referenzdatenreporting: Neue Datenfelder und Erweiterung der Meldepflicht 

Neben dem Transaktionsreporting werden im Rahmen des MiFIR-Reviews ebenfalls Änderungen des Referenzdatenreportings vorgenommen. Anders als beim Transaktionsreporting – das primär an nationale Aufsichtsbehörden gerichtet ist – geht es hier um die Meldung von Instrumentenstammdaten an das Financial Instruments Reference Data System (FIRDS) der ESMA.  Ziel ist es, Markttransparenz für alle Marktakteure sicherzustellen. 

Als meldepflichtige Parteien galten bislang europäische Handelsplätze. Künftig wird diese Verpflichtung auf sogenannte „benannte veröffentlichende Einrichtungen“ (Designated Publishing Entities, DPEs) ausgeweitet. Wertpapierfirmen können diesen Status bei ihren nationalen Aufsichtsbehörden beantragen. Der DPE-Status erlaubt es ihnen zusätzlich, Transaktionen über ein APA zu veröffentlichen, ohne den Status und die Pflichten eines systematischen Internalisierers (SI) annehmen zu müssen.  

Darüber hinaus wird der Meldeumfang erweitert: 

  • Einführung neuer Datenfelder, u. a. für Anleihen und Kreditderivate 

  • Meldung der Referenzdaten an das FIRDS künftig (ähnlich wie beim Transaktionsreporting) binnen eines Tages nach Geschäftsabschluss  

  • Einbeziehung der neu geschaffenen 8a-Derivate in die Meldepflicht 

7. Payment for Order Flow (PFOF) Ban erfordert Anpassungen bestehender Vergütungsmodelle 

Eine weitere wichtige Änderung des MiFIR-Reviews ist in dem sogenannten „Ban of PFOF” zu sehen. Zwar zielt diese Maßnahme nicht auf eine direkte Verbesserung der Markttransparenz ab, hat in der Vergangenheit dennoch für erhebliche Diskussionen gesorgt und dient primär dem Anlegerschutz. Unter PFOF – Payment for Order Flow – versteht man ein Vergütungsmodell, bei dem insbesondere Broker Kundenaufträge gegen Gebühren oder Rückvergütungen an andere Anbieter oder Handelsplätze weiterleiten. Ursächlich für dieses Verbot ist die Annahme, dass dieses Modell für Broker keinen starken Anreiz bietet, stets im besten Interesse der Kunden zu handeln. 

Erste Neuerungen greifen schon 2026 

Auch wenn die Maßnahmen des MiFIR-Reviews bereits am 28. März 2024 in Kraft getreten sind, ist eine vollumfängliche Umsetzung frühestens ab dem zweiten Quartal 2026 zu erwarten. Grund hierfür ist das Mandat der ESMA, für die einzelnen Maßnahmen technische Regulierungsstandards (RTS) auszuarbeiten bzw. bestehende entsprechend anzupassen – insbesondere im Bereich der beschriebenen Transparenzregelungen.  

Bedingte Folgeanpassungen durch den MiFIR-Review im nationalen Recht – etwa im Wertpapierhandelsgesetz (WpHG), Börsengesetz (BörsG), Kreditwesengesetz (KWG) oder im Gesetz zur Beaufsichtigung von Wertpapierinstituten (WpIG) – sind bereits berücksichtigt. Sie finden sich im Regierungsentwurf zum Gesetz zur Förderung privater Investitionen und des Finanzstandorts (Standortfördergesetz, StoFöG), den das Bundesministerium der Finanzen (BMF) am 10. September dieses Jahres veröffentlicht hat.  

In Bezug auf das PFOF-Verbot hat das BMF kurz nach dessen Inkrafttreten von einem eingeräumten Mitgliedstaatenwahlrecht Gebrauch gemacht und der ESMA mitgeteilt, inländische Wertpapierfirmen bis zum 30. Juni 2026 von dem vorgesehenen Verbot auszunehmen. Damit soll den betroffenen Finanzinstituten ein angemessener Übergangszeitraum geschaffen werden, um die auf PFOF beruhenden Geschäftsmodelle anzupassen.  

Neben den vorgestellten Kernpunkten enthält der MIFIR-Review weitere Anpassungen – etwa für systematische Internalisierer, Erleichterungen beim Best Execution-Berichtswesen sowie Änderungen im Handel mit Rohstoffen und deren Derivaten. 

Zeitstrahl Visualisierung von Februar 2020 bis Juni 2026.

MiFIR-Review: Neue Regeln, großer Handlungsbedarf 

Insgesamt werden die Maßnahmen des MiFIR-Reviews Finanzinstitute vor erhebliche Umsetzungsherausforderungen stellen. Jetzt gilt es, proaktiv zu handeln. 

Im Vordergrund steht zunächst eine Bestandsaufnahme bei den Marktteilnehmer:innen: Welche Bereiche des eigenen Geschäfts sind konkret betroffen? Darauf folgt die Frage nach den Daten – sowohl deren Vollständigkeit als auch deren Zugänglichkeit. Gerade im Bereich der Derivate wird es entscheidend sein, eine saubere Abstimmung mit bestehenden Regimen, insbesondere EMIR, sicherzustellen. 

Parallel gilt es, die internen Abläufe und Systeme auf die kommenden Änderungen vorzubereiten. Da alte und neue Vorgaben aufeinander abgestimmt werden müssen, braucht es eine klare Prioritätensetzung, ein strukturiertes Vorgehen und vorausschauende Planung. Nur so lassen sich Umsetzungsrisiken minimieren und die regulatorischen Anforderungen verlässlich erfüllen. 

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