Hallo innovatives Core-Business, Goodbye Moonshot
Jede Krise birgt Potential zur Veränderung und Chancen für Innovation. Dafür braucht es jetzt Innovation an den richtigen Stellen.
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Mit Innovation kennen sie sich aus: Chief Business Builder Johannes Schmidt ist seit über 10 Jahren bei Exxeta und hat den Berliner Standort aufgebaut. Yannick Sonnenberg hat unter anderem Innovationserfahrung bei Henkel gesammelt und leitet als Senior Director Innovation & Ventures den Bereich Corporate Venture Capital. Wir haben beide zum Thema „Digitale Innovation“ befragt.
Johannes: Ich bin da ein gebranntes Kind, das während des gesamten Studiums viel in Corporate Strukturen mit vorgegebenen Werdegängen unterwegs war. Deshalb bedeutet Innovation für mich, noch nicht ausgetretene Pfade zu erkunden. Es geht darum, sich mit modernen Technologien in etwas reinzuwagen, bei dem man das Ziel nur schwammig sehen kann und wobei man sehr viel lernen kann. Auf diesem Wanderweg sollte man möglichst leichtgewichtig und beweglich unterwegs sein.
Yannick: Früher wurde digitale Innovation vor allem von innen heraus betrieben. Es gab wenig spezialisierte Dienstleistende und kaum Zusammenarbeit mit Startups und Corporate Venture Capital-Einheiten. Viele Unternehmen mussten erst verstehen, was Digitalisierung fürs eigene Geschäftsmodell bedeutet. Dabei ging es um die Frage: Wie können wir neue Produkte an neue Zielgruppen über neue Kanäle vermarkten? Und so wurden viele interne Leute mit Trendscouting beauftragt. Leider hat es dann oft bei der Umsetzung gehapert, weshalb wir uns bei Exxeta bis heute nicht nur auf die Beratung, sondern vor allem auf die Transformation konzentrieren.
Johannes: Das stimmt und um im Bild zu bleiben: Im Grunde ergründen wir gemeinsam mit Kund:innen diese neuen ungewissen Pfade, wir erklettern schwierige Passagen gemeinsam, helfen ihnen, das richtige Rückzeug einzupacken und in Zukunft selbst diese Wege zu gehen. Wir sind dann eher Partner:innen, Mitgestaltende, Weggefährt:innen und nicht Dienstleistende im klassischen Sinne. Was mich persönlich freut, ist die mittlerweile relativ gute Education in Punkto Kund:innenzentriertheit, hypothesen-basiertem Vorgehen und ganzhaften Produktdenken. Dadurch können wir mit unseren Kund:innen sehr schnell gehen und können uns auf die Wahrheitsfindung konzentrieren (weniger auf die Aufklärung). Gute Ideen lassen sich dadurch auch gut umsetzen. Leider erleben wir hier dann wie vor 5 Jahren funktionale Brüche bei Topmanager:innen. Hier haben sich die Rollenbilder stark verändert!
Johannes: Ein Beispiel sind CDOs (Chief Digital Officer), die heute dafür sorgen müssen, dass ihre Unternehmen bei digitalen Themen nicht nur mithalten, sondern mitgestalten. Ein anderes die CIOs (Chief Information Officer), ohne die in puncto Innovation heute nicht viel geht. Ein Beispiel: Die traditionelle Trennung von Produkt- und Geschäfts-IT weicht immer mehr auf und die eigene Informationstechnologie ist zum Schlüsselfaktor erfolgreicher Innovation geworden. Man kann CIOs in manchen Unternehmen schon fast als Chief Innovation Officer bezeichnen. Weil ohne Tech nix geht.
Yannick: In Startups diskutieren wir, ob Product-led, Brand-led oder Sales-led-Growth die erfolgreichste Strategie ist, während in vielen großen Unternehmen leider die Governance-Strukturen, statt das Kund:inneninteresse die Innovationsgeschwindigkeit vorgeben. Bei Exxeta ist mir wichtig, dass wir Innovationen konzipieren, umsetzen und skalieren, also End-to-End denken. Auch führt das aktuelle Marktklima unweigerlich dazu, dass der ursprüngliche Topline-Ansatz vom Bottomline-Ansatz abgelöst worden ist. In einer Zeit, in der z. B. Lieferketten wegbrechen oder Regularien die Margen unter Druck setzen, konzentrieren sich Unternehmen verstärkt auf konkrete Problemlösungen als auf große Visionen. Deshalb ist Innovation heute so kostenoptimierend ausgerichtet, wie sie früher wachstumsorientiert war.
Johannes: Ja, vor allem in den letzten Jahren, wobei wir mit der Zinswende den wohl letzten Höhepunkt gesehen haben. Bis dahin ging es bei vielen Innovationsinitiativen weniger um die Lösung eines konkreten Business Case, sondern viel mehr ums Learning. Und es wurde viel Innovationstheater gespielt: Alle wissen nun, was Design Thinking ist, aber nur wenige besitzen die Execution Power zur Umsetzung ihrer Ideen. Dennoch wissen die meisten Unternehmen heute ganz genau, wie man innovieren muss, welche Rollen man dafür braucht und welche Hürden es zu bewältigen gilt. Der Druck ist gestiegen mit weniger Boardmitteln und höherer Dringlichkeit. Das ist oft gut, weil dadurch der Fokus geschärft wird und Themen nachhaltiger gedacht werden.
Johannes: Grundsätzlich hat alles seine Berechtigung. Man muss darauf achten, dass der Innovationsansatz zur eigenen Unternehmensstrategie passt. So ist Design Think vielleicht ein guter Ansatz, um eine gemeinsame Vision zu entwickeln. Um jedoch richtig werthaltige Ideen zu finden, muss man tiefer graben und schauen, wo das Wagniskapital hinfließt. Dann gilt es, die zukunftsrelevanten Themen auf das eigene Unternehmen zu mappen. Innovation sollte also nicht von innen heraus, sondern von außen nach innen erfolgen – aktuell erleben wir, dass generative KI-Modelle ein sehr starkes Disruptionspotential haben, das jetzt auf die eigene Wertschöpfung kaprizieren muss.
Yannick: Wenn es um digitale Szenarien oder Tools und deren Anwendung geht, wissen unsere Kund:innen heute viel besser Bescheid und suchen viel spezifischer im Markt. In den letzten Jahren haben wir gemeinsam gelernt, was bei der Digitalisierung funktioniert und was nicht. Das ist schön, weil nun auch die finanziell Verantwortlichen für das Thema sensibilisiert sind. Der Digital Workplace hat dazu beigetragen, dass die Zusammenarbeit deutlich schneller geworden ist. Und wenn man als Beratung nicht mehr on-site arbeiten muss, ist auch ein viel größeres Talentspektrum verfügbar. Insgesamt ist alles agiler und flexibler geworden. Allerdings sind auch die Altlasten und deren Auswirkungen größer geworden. Auf frischem Greenfield zu starten, ist heute kaum noch möglich.
Johannes: Früher wollten alle noch möglichst weit springen und manche sind bitter gestürzt. Bis heute ist aber eine gesunde Substanz übrig, mit der alle gut arbeiten können. Und gewisse Dinge sind einfach klar: Warum investiert ein Unternehmen in ein Corporate Start-up? Warum braucht man eine kundenzentrierte Customer Journey, die man über alles legt? Und warum arbeitet man agil? Nur in der aktuellen Krise fällt auf: Anstatt den bahnbrechenden Moonshot zu wagen, konzentrieren sich die Unternehmen lieber darauf, inkrementelle Verbesserungen voranzutreiben.
Yannick: Dass es in den letzten Jahren so viel Softwareinnovation gab, war vor allem der immensen Flut an Venture Capital geschuldet. Spätestens mit der Pleite der Silicon Valley Bank ist die Finanzierungsfreudigkeit deutlich abgeebbt und eine der wichtigsten Infrastrukturkomponenten verloren gegangen. Auch in Deutschland ist eine gegenläufige Bewegung zu spüren: Letztes Jahr haben wir rund 100 Unternehmen gefragt, welche Auswirkungen die Krise auf ihre digitale Innovationsfreude hat. Die Lager sind gespalten: Während die einen es jetzt erst recht versuchen, wollen die anderen sich aufs Kerngeschäft konzentrieren. Wenn man aber jetzt die Budgets radikal streicht, hat man nicht viel gewonnen. Im Gegenteil: Man verliert den Anschluss an wichtige Entwicklungs- und Innovationszyklen, die aktuell passieren.
Johannes: Es gibt noch viel zu tun: Heute wird noch viel zu viel Zeit mit Prozessen verschwendet, die man deutlich smarter, effizienter und schneller erledigen kann. Und auch, wenn man nicht mehr den Moonshot wagt, ist jetzt der richtige Moment, um auszumisten, zu fokussieren und die richtigen Dinge anzugehen.
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