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Deutsche Cloud: Hyperscaler-Alternative oder Nischenlösung?

In Zeiten digitaler Souveränität und geopolitischer Unsicherheit rückt die deutsche Cloud in den Fokus. Ist die „Cloud Made in Germany“ eine echte Alternative zu AWS & Co. oder nur eine Nischenlösung für Spezialfälle?

Der globale Cloud-Markt wird seit Jahren von US-Hyperscalern wie Amazon Web Services (AWS), Microsoft Azure und Google Cloud dominiert. Doch die jüngsten geopolitischen Entwicklungen – insbesondere unter US-Präsident Donald Trump – betreffen längst nicht nur den internationalen Handel, sondern auch die digitale Infrastruktur.  

Dabei ist nur eines klar: Was heute sicher scheint, kann morgen wieder infrage stehen. Und in diesem Klima der Unsicherheit wächst auch der Bedarf an lokaler Datenhaltung, klaren juristischen Zuständigkeiten sowie technischer und betrieblicher Kontrolle spürbar an. 

Ein Gewinner dieser Entwicklung ist die „Cloud made in Germany“, die vor allem in Zeiten geopolitischer Spannungen mehr als nur eine politische Antwort auf US-Provider sein kann. 

Was ist eine „Deutsche Cloud“? 

Eine deutsche Cloud betreibt ihre Rechenzentren in Deutschland oder auch Europa, hat ihren Unternehmenssitz hier und erfüllt die Anforderungen der DSGVO. Zu den bekanntesten Anbietern zählen die IONOS Cloud, Stackit (Schwarz Gruppe) und die Open Telekom Cloud. 

Aus technischer Sicht bieten deutsche Cloud-Provider Infrastructure-as-a-Service (IaaS) und Platform-as-a-Service (PaaS) Lösungen an. Meist auf Basis von Open-Source-Technologien, die eine hohe Transparenz und Flexibilität ermöglichen. 

Im Vergleich zu Hyperscalern wie AWS oder Azure ist die Zahl der verfügbaren Services zwar geringer. Dafür erfüllen deutsche Clouds höhere Standards bei Datenschutz und digitaler Souveränität. Wichtig ist die Abgrenzung zu sogenannten „Sovereign Clouds“ großer US-Anbieter: Diese betreiben zwar europäische und deutsche Regionen, genügen aber meist nicht allen Anforderungen an echte Datenhoheit. 

Kann die Delos Cloud Souveränität und Hyperscaler-Technologie vereinen? 

Ergänzt wird das Angebot durch hybride Modelle wie die Delos Cloud – eines der derzeit größten Vorhaben im Bereich digitaler Souveränität. Es vereint die Vorteile deutscher Cloud-Provider mit den Technologien des internationalen Hyperscalers Azure: Die Kontrolle über Infrastruktur, Datenverarbeitung und Betrieb liegt vollständig in deutscher Hand, während zugleich moderne Microsoft-Dienste und skalierbare Cloud-Technologien genutzt werden können. 

Das Gemeinschaftsprojekt von SAP, Microsoft und Arvato Systems soll vor allem das Dilemma lösen, dass deutsche Behörden zwar Microsoft-Cloud-Dienste einsetzen möchten, dies aber bislang aus Datenschutzgründen kaum möglich war. Und auch wenn Delos Cloud zunächst für den öffentlichen Sektor entwickelt wurde, könnte das Modell perspektivisch auch für die Industrie und andere regulierte Branchen an Bedeutung gewinnen. 

Warum eine deutsche Cloud nutzen? 

Vor allem bei sensiblen Daten spielt die Cloud-Strategie eine entscheidende Rolle. Denn für viele Unternehmen – insbesondere im öffentlichen Sektor, Gesundheitswesen oder in der Finanzbranche – stellt z. B. der US Cloud Act ein erhebliches Risiko dar. Und gerade in der aktuellen Lage wächst die Sorge, dass US-Behörden auf Daten zugreifen könnten, selbst wenn diese hierzulande gespeichert sind. 

Eine deutsche Cloud bietet hier klare Vorteile: lokale Datenhaltung, klare rechtliche Zuständigkeiten und volle Kontrolle über Technik und Betrieb. Damit ist sie ideal für alle Unternehmen, die: 

  • strengen Regulierungen unterliegen 

  • Daten sicher und nachvollziehbar speichern müssen 

  • Cloud-agnostisch entwickeln (z. B. mit Kubernetes oder Docker) 

  • ein digital souveränes Cloud-Setup planen

Welche Vorteile bieten lokale Cloud-Anbieter? 

  • Datenschutz auf höchstem Niveau: Deutsche Cloud-Anbieter unterliegen der europäischen Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Das sorgt für rechtssichere Datenverarbeitung und hohe Transparenz bei Speicherort und Zugriffsrechten. 

  • Rechtliche Sicherheit durch lokale Gerichtsbarkeit: Verträge unter lokalem Recht geben Unternehmen Klarheit und Schutz. Im Streitfall gilt deutsches Recht, ohne Umwege über internationale Instanzen oder Abhängigkeiten von Drittstaaten. 

  • Technische Souveränität und Kontrolle: Die vollständige Kontrolle über Infrastruktur, Software und Betriebssysteme stärkt die digitale Souveränität. Viele deutsche Cloud-Provider setzen zudem auf Open-Source-Lösungen, die sich flexibel anpassen lassen. 

  • Einfach Integration in bestehende IT-Landschaften: Durch offene Standards und modulare Architekturen lassen sich europäische Cloud-Lösungen meist nahtlos und ohne Lock-in-Effekt in bestehende Infrastrukturen einbinden. 

  • Betriebsführbarkeit in Eigenregie: Einige Provider ermöglichen es, Cloud-Infrastrukturen selbst zu betreiben oder in eigenen Rechenzentren zu integrieren. Das erhöht die Flexibilität zusätzlich und reduziert externe Abhängigkeiten. 

  • Compliance in regulierten Branchen: Deutsche Cloud-Lösungen erfüllen zentrale Anforderungen aus streng regulierten Sektoren wie Gesundheit, Finanzen oder öffentlicher Verwaltung. Die Zertifizierungen und Sicherheitsstandards sind speziell darauf ausgelegt. 

Wo liegen die Grenzen der deutschen Cloud? 

Datenschutz, Souveränität und lokaler Betrieb sprechen für deutsche Cloud-Provider. Doch bei Innovationsgeschwindigkeit und globaler Skalierung stoßen sie an Grenzen. Hyperscaler wie AWS, Microsoft Azure oder Google Cloud verfügen nun mal über ein weltweites Netz an Regionen. Sie sind führend bei Plattformdiensten, Skalierbarkeit, KI-Technologien und automatisierten Entwicklungstools. Wer also schnell neue Funktionen ausrollen und global wachsen will, ist hier im Vorteil. 

Deutsche Cloud-Anbieter wie Stackit, IONOS oder auch die Delos Cloud setzen hingegen bewusst auf standardisierte und sichere Dienste, was ideal für Unternehmen mit hohen Sicherheitsanforderungen, aber weniger geeignet für eine agile Produktentwicklung mit globalem Fokus ist. 

Dennoch werden deutsche Lösungen oft unterschätzt. Und auch der Vorwurf, sie seien teurer oder technisch eingeschränkt, hält einer genaueren Betrachtung nicht stand. Die Preisstruktur ist meist vergleichbar, und das Angebot wird ständig erweitert – etwa um GPU-Instanzen, AI-as-a-Service oder containerbasierte Plattformen. 

Lassen sich deutsche Clouds in eine Multi-Cloud-Strategie integrieren?

Viele Unternehmen setzen aus strategischen Gründen auf mehrere Cloud-Provider. Dabei lassen sich in Deutschland gehostete Clouds nahtlos in bestehende Architekturen und hybride Setups mit Hyperscalern integrieren. Der Vorteil: Sensible Anwendungen bleiben in einer rechtssicheren und kontrollierbaren Umgebung, während weniger kritische Workloads weiterhin auf AWS, Azure oder Google Cloud laufen können. 

Entscheidend ist eine Cloud-agnostische Architektur: Wer auf offene Technologien wie Docker oder Kubernetes setzt, schafft die Basis für eine flexible Workload-Verteilung und einfache Migrationen. So kann der Wechsel zwischen Plattformen schneller und meist auch günstiger stattfinden. 

Deutsche Cloud-Provider sind damit keine direkte Konkurrenz, sondern eine strategische Ergänzung zu den großen Hyperscalern. Vor allem, wenn Datenschutz, Kontrolle und Standortanforderungen an erster Stelle stehen.  

Hat „Cloud made in Germany“ eine Zukunft?

Ja und die Frage ist nicht, ob die deutsche Cloud eine Zukunft hat, sondern welche Rolle sie darin spielt. Denn die Zukunft gehört hybriden und Multi-Cloud-Strategien. Und Provider wie Stackit, IONOS oder auch hybride Modelle wie die Delos Cloud gewinnen spürbar an Reife, investieren in ihre Infrastruktur und profitieren vom politischen Rückenwind rund um digitale Souveränität. 

In einer Welt geopolitischer Spannungen und strenger Datenschutzvorgaben wird die deutsche Cloud damit zur strategischen Ergänzung – nicht als Ersatz, sondern als bewusst gewählter Baustein neben den Hyperscalern, um flexibel zu bleiben, Abhängigkeiten zu verringern und langfristig unabhängig zu agieren.  

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