Mehr Regulatorik = mehr Nachhaltigkeit?
Die Delegierte Verordnung (EU) 2021/1253 tritt zum 2. August 2022 in Kraft. Sorgt die strenge Regulierung für mehr Nachhaltigkeit?
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In Deutschland waschen Kriminelle schätzungsweise rund 100 Milliarden Euro pro Jahr. Damit gilt Deutschland weltweit als Geldwäscheparadies. Gleichzeitig tut sich das Land schwer, Sanktionen – beispielsweise gegen Russland – durchzusetzen. Andere europäische Länder wie Italien und Frankreich stehen wesentlich besser da.
Finanzkriminalität ist in Deutschland ein großes Problem. Auch das internationale Gremium der Financial Action Task Force (FATF) sieht Handlungsbedarf auf dem Weg zu einer effizienten Bekämpfung von Finanzkriminalität. Das Bundesfinanzministerium (BMF) unter Christian Lindner reagiert und veröffentlichte im August 2022 Pläne zur Reformierung der Finanzkriminalitätsbekämpfung in Deutschland – das sogenannte Reformpaket Finanzkriminalität. Zudem ist am 28. Dezember 2022 das neue Sanktionsdurchsetzungsgesetz II (SDG II) in Kraft getreten, das strukturelle Verbesserungen im Hinblick auf die Sanktionsdurchsetzung und Geldwäschebekämpfung in Deutschland in die Wege leitet.
Mit dem Reformpaket Finanzkriminalität soll ein Paradigmenwechsel in der Bekämpfung von Finanzkriminalität und Geldwäsche unter dem Leitmotiv „Follow the money“ erreicht werden. Das Ziel: Durch stärkere Bündelung und Vernetzung relevanter Ressourcen und Funktionen insbesondere kriminelle (häufig international agierende) Netzwerke im Hintergrund (die sog. „dicken Fische“) besser aufdecken und belangen zu können.
Hierfür soll eine neue Bundesoberbehörde zur Bekämpfung der Finanzkriminalität (BBF) die wesentlichen Funktionen und Kompetenzen zur Aufdeckung und Bekämpfung von Finanzkriminalität und Durchsetzung von Sanktionen zusammenführen. Die geplanten Maßnahmen beinhalten außerdem die Errichtung einer neuen Bundesbehörde (dem Bundesfinanzkriminalamt (BFKA)) mit eigenen Ermittlungsbefugnissen, die systematische Aus- und Fortbildung von hochqualifizierten Fachkräften der Behörden, das Erhöhen der Konsistenz der Geldwäscheaufsicht im Nichtfinanzsektor und die stärkere Digitalisierung und Vernetzung von Registern.
Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung und Sanktionen & Embargos sind häufig internationale Phänomene. Neben den deutschen Plänen zur Umgestaltung der Finanzkriminalitätsbekämpfung, erwarten uns in diesem Jahr auch neue Vorschriften des Europäischen Gesetzgebers im Bereich der Bekämpfung von Geldwäsche (AML) und der Terrorismusfinanzierung (CFT) (sog. AML/CFT-Paket).
Dieses Paket besteht aus vier Legislativvorschlägen. Zum einen soll eine europäische Anti-Money Laundering Authority (AMLA) mit Aufsichtsfunktionen errichtet werden, um deren Sitz sich u.a. die Stadt Frankfurt am Main bemüht. Ferner werden mit einer neuen Verordnung und einer neuen Richtlinie angepasste AML/CFT-Pflichten auf Verpflichtete und staatliche Stellen zukommen. Zu guter Letzt werden durch die neue EU-Geldtransferverordnung neue Anforderungen zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung im Krypto-Sektor Einzug halten.
Nach rund zwei Jahren Länderprüfung hat die FATF im August 2022 ihren Schlussbericht, den sogenannten Mutual Evaluation Report (MER), zur Lage und Evaluation der Situation der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung in Deutschland veröffentlicht. Positiv sieht die FATF die in den letzten fünf Jahren durchgeführten Reformen zur Organisation von AML/CFT in Deutschland. Damit einher gingen u.a., dass die BaFin und Financial Intelligence Unit (FIU) die Anzahl ihrer Mitarbeitenden erhöht haben.
Nichtsdestotrotz: Das Gesamtergebnis des MER ist ernüchternd. Mit einer Gesamtnote im europäischen Durchschnitt, die einem „ausreichend“ ähnelt, müsse Deutschland das Reformieren ihrer AML/CFT-Organisation und Prozesse weiter fortsetzen und priorisieren. Es hapert daran, komplexe Fälle in den Bereichen Money Laundering (ML) und Terrorismusfinanzierung (TF) mit den involvierten Strafverfolgungs- und Aufsichtsbehörden zu koordinieren, konsequent aufzudecken und entsprechend zu verfolgen. Insbesondere im Nicht-Finanzsektor gibt es erheblichen Verbesserungsbedarf.
Ca. 320 verschiedene Behörden sind für AML/CFT zuständig. Sie verfügen zwar über ausreichende Befugnisse und Zuständigkeiten, es mangelt jedoch an deren Ausstattung, effektiver Arbeitsweise und Koordination.
Vergleichbares gelte auch für die FIU. Für das Prozessieren und die Analyse der Verdachtsmeldungen durch die FIU wünscht sich die FATF zudem die stärkere Nutzung von Künstlicher Intelligenz oder anderen Advanced Analytics. Deutschland sei außerdem ein sehr bargeldintensives Land mit einer fehlenden Obergrenze für Barzahlungen. Hier müsse zukünftig mehr unternommen werden, um die mit Bargeldzahlungen einhergehenden ML/TF-Risiken besser zu beherrschen. Ferner bemängelt die FATF die Datenqualität und die Datenvollständigkeit des Transparenzregisters und, dass der Datenzugriff nicht immer einwandfrei möglich wäre.
Deutschland hat auf konzeptioneller Ebene entsprechende Schritte für das Schaffen einer effektiven AML/CFT-Organisation ergriffen. Die Umsetzung muss jedoch noch stärker gefördert werden. Das zeigt laut FATF auch die Anzahl der Verurteilungen wegen ML/TF-Fällen, die weit hinter den Erwartungen zurückbleibt. Zudem habe Deutschland insbesondere bei der Aufdeckung komplexer Geldwäschestrukturen erhebliches Verbesserungspotential.
Bundesfinanzminister Linder hat einen Tag vor Veröffentlichung des MER drei Maßnahmen vorgestellt, die die AML/CFT-Organisation reformieren und dabei helfen sollen, die komplexen Fälle von Finanzkriminalität aufzudecken und zu sanktionieren.
1. Maßnahme: Bündelung der Kernkompetenzen unter einem Dach
Eine neugegründete Bundesoberbehörde zur Bekämpfung von Finanzkriminalität (BBF) soll zukünftig relevante Funktionen und Kompetenzen zu AML/CFT vereinen. Dabei werden drei voneinander unabhängige Stränge aufgesetzt:
Die Ermittlung von großen und komplexen Fällen von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung mithilfe eines neu einzurichtenden Bundesfinanzkriminalamts (BFKA), einer neuen Bundesbehörde. Das BFKA soll insbesondere internationale Fälle von ML/TF untersuchen und damit dazu beitragen, die besagten „großen Fische“ zu fangen. Zudem soll es die Kompetenz und Verantwortung für die effektive Sanktionsdurchsetzung in Deutschland erhalten (siehe hierzu SDG II weiter unten).
Die Analyse von Verdachtsmeldungen in der Verantwortung der FIU. Die FIU soll in die neue Behörde eingebunden werden und somit eng mit dem BFKA zusammenarbeiten.
Die Koordinierung der Aufsicht im Nicht-Finanzsektor durch eine neue Zentralstelle für Geldwäscheaufsicht, die unter anderem Leitlinien und Standards für eine risikobasierte Aufsicht erarbeiten soll. Dabei soll eine Konsistenz in der Aufsicht des Nicht-Finanzsektors geschaffen werden, welcher aktuell von ca. 320 verschiedenen Landesbehörden beaufsichtigt wird. Zudem soll die Zentralstelle direkter Ansprechpartner der neu zu schaffenden Anti-Money-Laundering Authority (AMLA) auf europäischer Ebene werden.
Akteur:innen zur Bekämpfung von Finanzkriminalität in Deutschland | Quelle: Bundesfinanzministerium
2. Maßnahme: Ausbildung von hoch qualifizierten Finanzermittler:innen
Mit besonderen Trainings und Kursen soll Expertise in der Bekämpfung von Finanzkriminalität auf- und ausgebaut und damit hoch qualifizierte Finanzermittler:innen ausgebildet werden. Ein entsprechendes Programm soll mit Expert:innen entwickelt werden.
3. Maßnahme: Vorantreiben der Digitalisierung und Vernetzung von Registern
Alle relevanten Register zum Erkennen von Eigentumsverhältnissen und wirtschaftlichen Berechtigten sollen digital miteinander verknüpft werden, damit die konkreten Sachverhalte insbesondere im Ermittlungsfall oder beim Durchsetzen von Sanktionen effizient geprüft werden können. Bis zum Erreichen dessen soll eine Übergangslösung schnell einen unmittelbaren Mehrwert ermöglichen (siehe hierzu unter anderem SDG II weiter unten).
Mit dem Reformpaket Finanzkriminalität adressiert das BMF direkt viele der in der FATF-Länderprüfung aufgezeigten Mängel im Bereich AML/CFT in Deutschland. Zunächst ist es positiv, dass sich das BMF so dezidiert mit dem FATF-Bericht auseinandergesetzt hat und das Thema der verbesserten AML/CFT-Organisation und Umsetzung einen derart hohen Stellenwert in der Arbeit der Bundesregierung einnimmt. Eine stärkere Zentralisierung und Verknüpfung der Themenkomplexe Geldwäschebekämpfung und Sanktionsdurchsetzung, die eng miteinander zusammenhängen, macht durchaus Sinn. Ebenso die Einrichtung einer Zentralstelle für Geldwäscheaufsicht mit dem Ziel einer koordinierten Aufsicht im Nicht-Finanzsektor, wobei das genaue Zusammenarbeitsmodell zwischen dem Bund und den Ländern noch unklar ist.
Grundsätzlich werfen die Pläne aufgrund des fehlenden Detaillevels zum jetzigen Zeitpunkt noch sehr viele Fragen auf. Fraglich ist zudem, ob es wirklich einer neuen Bundesoberbehörde bzw. eines neuen BFKA bedarf. Der Aufbau dieser Behörden ist ein sehr langwieriger, ressourcenintensiver Prozess, der wiederum viele Kompetenz- und Zuständigkeitsfragen zur Folge haben wird. Die Verlagerung der FIU vom BKA zur Generalzolldirektion im Jahre 2017 mit dem damit verbundenen Neuaufsatz der FIU kann in diesem Zusammenhang als mahnendes Negativbeispiel angeführt werden.
Alternativ wäre es denkbar, die Befugnisse und Kapazitäten des Zollfahndungsdiensts mit dem Zollkriminalamt und den Zollfahndungsämtern zu erweitern, wie es auch von unterschiedlichen Stellen gefordert wird. Ferner bleibt unklar, woher die hoch qualifizierten Finanzermittler:innen kommen sollen und wie und von wem diese auszubilden seien. Bei der angestrebten stärkeren Digitalisierung und Vernetzung von Registern wird vieles davon abhängen, inwieweit die Länder hier mitspielen. Viele Länder haben bezüglich der Digitalisierung ihrer Register erheblichen Nachholbedarf. Eine abschließende Beurteilung der Pläne ist erst möglich, wenn mehr Details hierzu veröffentlicht werden.
Mitte September veröffentlichte die FIU ihren Jahresbericht für 2021. Knapp 300.000 eingereichte Geldwäscheverdachtsmeldungen sind dort eingegangen – mehr als doppelt so viele als im Vorjahr. Ein möglicher Grund: Die neuen Meldepflichten im Immobilien- und Kryptoumfeld und der seit März 2021 geltende All-Crime-Ansatz, welcher jede gesetzeswidrige Tat als potenzielle Vortat der Geldwäsche einstuft.
Lediglich 40.200 Meldungen wurden von der FIU an die Ermittlungsbehörden (vor allem Staatsanwaltschaften und Landeskriminalämter) zur potenziellen Ermittlung weitergeleitet. Zu lediglich 10 Prozent davon liegen Ermittlungsergebnisse vor. Verfahren zum Rest wurden eingestellt. Diese Zahlen bestätigen, dass zwar immer mehr Verdachtsmeldungen an die FIU gehen, diese jedoch nur in sehr seltenen Fällen zu wirklich zählbaren Ermittlungsergebnissen führen.
Dies mag zum einen an der Qualität der Verdachtsmeldungen liegen, zum anderen könnte es aber auch auf Mängel der FIU selbst zurückzuführen sein. So steht die FIU immer wieder wegen IT-Problemen, Personalmangel oder einer hohen Anzahl von nicht bearbeiteten Verdachtsmeldungen in den Schlagzeilen. Zuletzt wurden die veralteten IT-Systeme und die IT-Probleme der FIU auch in einem Prüfbericht einer Unternehmensberatung gerügt. Die Modernisierung der IT-Landschaft sei zwingend erforderlich und würde dazu führen, dass sich Mitarbeiter stärker um die Bearbeitung „werthaltiger“ Verdachtsmeldungen kümmern können. Eine öffentliche Ausschreibung zur grundlegenden Modernisierung der IT-Systeme der FIU läuft bereits seit März 2021, bislang weiterhin ohne erteilten Auftrag und mit einer geplanten Implementierungsdauer von über fünf Jahren.
Dem Vorschlag der prüfenden Unternehmensberatung folgend, wendet die FIU seit Ende November ein neues Arbeits- und Analyseverfahren für die risikobasierte Bearbeitung von Verdachtsmeldungen an. Bei dem sogenannten 2-Level-Modell unterscheidet die FIU in einer initialen Basisanalyse zwischen einfach gelagerten und komplexen Verdachtsmeldungen. Die Prüfung der einfach gelagerten Fälle soll schneller und mit geringerem Prüfungsaufwand erfolgen, bevor entschieden wird, ob sie an die Strafverfolgungsbehörden weitergeleitet werden.
Bei den komplexen Verdachtsmeldungen beziehungsweise solchen von besonderer Relevanz, sollen alle möglichen und zur Verfügung stehenden Analysen durchgeführt werden, bevor eine Entscheidung über die Weiterleitung getroffen wird. Das neue Verfahren soll eine effizientere risikobasierte Vorgehensweise bei der Prüfung der Verdachtsmeldungen bewirken und den Fokus der Mitarbeiter:innen der FIU auf die komplexeren Fälle lenken, für die mehr Zeit für die Bearbeitung benötigt wird.
Jüngst wurden nun weitere Vorwürfe gegen die FIU laut. So soll sie der FATF und auch dem Parlament wohl zehntausende unbearbeitete Verdachtsmeldungen verschwiegen haben. Nach ersten Medienberichten über diesen Missstand trat FIU-Chef Christof Schulte mit sofortiger Wirkung zurück. Zudem legte das BMF nun auf Basis einer kleinen Anfrage der Fraktion „DIE LINKE“ konkrete Zahlen zum aktuellen Bearbeitungsstand der Verdachtsmeldungen vor:
Zum 30. September 2022 lagen der FIU ca. 101.000 risikorelevante Verdachtsmeldungen mit unterschiedlichen Risikoprofilen vor. Diese wurden nicht unmittelbar in eine vertiefte Analyse aufgenommen. Gleichzeitig lagen der FIU knapp 425.000 Meldungen vor, die als nicht risikorelevant beurteilt und in den Infopool der FIU aufgenommen wurden (falls diese zukünftig relevant werden sollten).
Zum 1. Dezember 2022 wurde zur Abarbeitung der 101.000 risikorelevanten Meldungen eine eigens eingerichtete Taskforce gebildet, für welche die FIU bis zu 120 zusätzliche Beschäftigte aus anderen Bereichen der Zollverwaltung hinzugezogen hat. Nach erneuter Bewertung durch die Taskforce stellte sich heraus, dass weiterhin ca. 40.000 Meldungen als risikorelevant gelten. Für die Übrigen treffe dies nicht zu, sie seien in den Infopool aufgenommen worden.
Ziel war es ursprünglich sämtliche relevanten Verdachtsmeldungen bis Frühjahr 2023 abschließend zu bearbeiten. Bis Jahresanfang gelang der Taskforce dies für lediglich ungefähr 2.500 Meldungen. Es muss daher leider davon ausgegangen werden, dass sich die finale Bearbeitung der Meldungen bis weit in das Jahr 2023 hinziehen wird.
Die FIU kämpft seit Jahren mit erheblichen Problemen bei der rechtzeitigen Bearbeitung von Verdachtsmeldungen. Ob das 2-Level-Modell hierbei wirklich eine signifikante Verbesserung und Beschleunigung der Bearbeitung zur Folge haben wird, ist fraglich. Zu wenig ist bekannt über die verwendeten Analyseverfahren und -tools innerhalb der FIU. Damit die FIU ihrer wichtigen Aufgabe im Rahmen der Geldwäschebekämpfung endlich gerecht wird, ist es nun dringend notwendig die Ursachen für die enormen Bearbeitungsrückstände konsequent aufzuarbeiten und abzustellen. Bei der vollumfänglichen Aufarbeitung und Analyse der Rückstände wird die FIU derzeit durch eine weitere externe Beratungsgesellschaft unterstützt.
Ferner bleibt zu hoffen, dass die FIU weiterhin wie angekündigt und von den FATF-Prüfern gefordert, stärker auf digitale Analysetools und Künstliche Intelligenz bzw. andere Advanced Analytics setzt. Zudem ist ein zeitnaher Abschluss der aktuellen Ausschreibung zur dringend erforderlichen Modernisierung der IT-Systemlandschaft geboten. Gleichzeitig sind aber auch die Gesetzgeber und Aufsichtsbehörden gefordert, die Meldekriterien so festzulegen, dass unnötige Meldungen durch die Verpflichteten zukünftig möglichst verhindert beziehungsweise stark reduziert werden.
Das SDG II zahlt direkt auf Lindners Reformpaket Finanzkriminalität ein. Aufbauend auf dem im Mai 2022 in Kraft getretenen SDG I, regelt sein Nachfolger nun strukturelle Verbesserungen im Gesamtkontext der Sanktionsdurchsetzung in Deutschland. So soll eine neue Zentralstelle für Sanktionsdurchsetzung (ZfS) des Bundes die Vermögensermittlungs- und Sicherstellungskompetenzen der Länder übertragen bekommen und die Sanktionsdurchsetzung insgesamt in Deutschland koordinieren.
Die Zentralstelle soll vorerst bei der Generalzolldirektion angesiedelt werden (neue Direktion XI), perspektivisch jedoch Teil des neuen Bundesfinanzkriminalamts (BFKA) werden innerhalb der BBF. In der ZfS soll auch eine zentrale Hinweisannahmestelle und die Möglichkeit etabliert werden, einen Sonderbeauftragten zur Überwachung der Einhaltung von Sanktionen in Unternehmen einzusetzen. Zudem soll es ein Verwaltungsverfahren zur personen- und vermögensbezogenen Ermittlung geben.
Es wird hierfür ein Register für sanktionierte Personen und Personengesellschaften und deren Vermögenswerten geben, so dass Eigentumsverhältnisse und auch wirtschaftlich Berechtigte besser nachvollzogen werden können. Ferner sollen als Übergangslösung bestimmte Basisdaten aus den zahlreichen Grundbüchern in Deutschland künftig im Transparenzregister aufgenommen und den dort verzeichneten Vereinigungen zugeordnet werden.
Perspektivisch soll ein bundesweites Datenbankgrundbuch errichtet werden, in dem die Grundbuchblätter so digitalisiert werden, dass sich ihre Daten online abrufen lassen. Zudem soll künftig eine Immobilientransaktionsdatenbank auf Basis der Angaben aus notariellen Beurkundungen geschaffen werden, die den zuständigen Behörden einen volldigitalen Zugriff auf aktuelle Daten ermöglicht.
Besonders interessant vor dem Hintergrund des Rufs Deutschlands als Geldwäscheparadies ist, neben der erhofften effektiveren Durchsetzung von Sanktionen, vor allem eines: Ein geplantes Bargeldverbot beim Erwerb von Immobilien. Das Verbot soll auch den Einsatz von Kryptowerten und Rohstoffen bei Immobilientransaktionen einschließen.
Das SDG II sorgt richtigerweise dafür, dass die Sanktionsdurchsetzung in Deutschland fortan bei einer zentralen Stelle auf Bundesebene koordiniert und erfolgen wird. Hiermit soll dem Flickenteppich von Zuständigkeiten diverser Bundes- und Landesbehörden entgegengewirkt werden. Ferner ist auch das geplante Bargeldverbot beim Erwerb von Immobilien zu begrüßen, das erfreulicherweise auch den Einsatz von Kryptowerten und Rohstoffen umfasst.
Ebenfalls zu begrüßen ist das neue Verwaltungsverfahren zur Ermittlung von Vermögen sanktionierter Personen und Personengesellschaften und die Maßnahmen zur Erweiterung des Transparenzregisters um Immobiliendaten. Schließlich erscheint auch die Einführung einer zentralen Hinweisannahmestelle sinnvoll.
Aus den weiter oben beschriebenen Gründen ist es fraglich, ob für die bessere Sanktionsdurchsetzung mit der neuen Zentralstelle für Sanktionsdurchsetzung wirklich die Errichtung einer neuen Behörde erforderlich ist.
Der Gesetzgeber hat es zudem unterlassen, die Chance zu nutzen und jegliche Sanktionsvorschriften in einem Gesetz zu bündeln. Stattdessen bleibt es weiter bei einer Vielzahl von anwendbaren Vorschriften, was die Umsetzung durchaus erschwert.
Das SDG II enthält zudem keine Nutzungsverbote für sanktionierte Vermögensgegenstände.
Der Erfolg des SDG II wird unter anderem davon abhängen, wie gut die Kooperation zwischen Bundesbehörden und Landesbehörden funktionieren wird.
Zu guter Letzt fordert der Deutsche Bundestag die Bundesregierung durch eine Entschließung zum SDG II auf, schnellstmöglich und spätestens im Rahmen des vom BMF für das erste Halbjahr 2023 angekündigten Maßnahmenpakets zur Geldwäschebekämpfung, diverse weitere Maßnahmen im Bereich der Geldwäschebekämpfung und Sanktionsdurchsetzung auf den Weg zu bringen, wie bspw. eine Immobilientransaktionsdatenbank, die Beschleunigung des Verfahrens der Digitalisierung und Einführung eines Datenbankgrundbuchs, ein Gesamtkonzept zu besseren Registerverknüpfungen und insbesondere auch weitere Umsetzungsdetails zu den Maßnahmen des Reformpakets Finanzkriminalität.
Das lediglich durchschnittliche Abschneiden Deutschlands im Rahmen der FATF-Länderprüfung hat die Bundesregierung darin bestärkt, sich intensiv mit dem Themenkomplex der Bekämpfung der Finanzkriminalität und Sanktionsdurchsetzung in Deutschland auseinanderzusetzen.
Die Pläne des Reformpakets Finanzkriminalität und das SDG II können als Schritte in die richtige Richtung angesehen werden. Es bedarf einer stärkeren Zentralisierung und Koordination auf Bundesebene und eines stärkeren Informationsaustausches, um eine über Bundesländergrenzen hinweg konsistente Bekämpfung der Finanzkriminalität und Sanktionsdurchsetzung in Deutschland zu erreichen.
Ob es für einen sogenannten Paradigmenwechsel tatsächlich der Errichtung diverser neuer Behörden bedarf, statt die Befugnisse und Kapazitäten bestehender Behörden auszuweiten, darf angezweifelt werden. Der Aufbau dieser Behörden wird sehr langwierig sein und eine Menge Ressourcen verbrauchen, ohne dass es eine Garantie dafür gibt, dass die Bekämpfung der Finanzkriminalität hierdurch signifikant verbessert wird.
Ein wesentlicher Faktor für den Erfolg der Pläne wird die Zusammenarbeit zwischen den Bundes- und Landesbehörden sein. Hierbei wird es auch darauf ankommen, die Länderbehörden personell und im Hinblick auf ihre technischen Mittel zu stärken, was sicherlich mit erheblichen Investitionen verbunden sein wird.
Gleichzeitig fällt es auf Basis der derzeitigen Informationen schwer, die Pläne der Bundesregierung final zu bewerten. Hierfür fehlt es schlicht an vielen Stellen noch an den nötigen Details. Die (rechtlich zwar nicht verbindliche) Entschließung des Bundestags zum SDG II beinhaltet allerdings auch schon die Erwartungsanhaltung an das BMF beziehungsweise die Bundesregierung, in der ersten Jahreshälfte entsprechende Umsetzungs- und Gestaltungsdetails zu liefern.
Im Hinblick auf die FIU kann man nur hoffen, dass das 2-Level-Modell und der stärkere Einsatz von digitalen Analysetools und Advanced Analytics eine höhere Effizienz bei der Bearbeitung der Verdachtsmeldungen bewirkt. Allerdings sind aller Voraussicht nach noch weitaus stärkere Anpassungen erforderlich, damit die Behörde tatsächlich ihrem wichtigen Auftrag vollumfänglich gerecht werden kann. Gleichzeitig sind die Gesetzgeber und Aufsichtsbehörden gefordert, Meldekriterien so festzulegen, dass unnötige Meldungen durch die Verpflichteten zukünftig möglichst verhindert bzw. stark reduziert werden.
Zudem wird sich zeigen müssen, mit welchen genauen Maßnahmen die dringend notwendige Verbesserung der Datenqualität und Datenvollständigkeit des Transparenzregisters erreicht werden soll.
Neben dem Bundesfinanzministerium hat das Bundesinnenministerium (BMI) um Nancy Faeser Mitte November 2022 ein Strategiepapier zur Bekämpfung der Schweren und Organisierten Kriminalität veröffentlicht. Hier fordert das BMI u.a. die umgehende Einführung einer allgemeinen Bargeldobergrenze von unter 10.000 Euro sowie ein staatliches Auskunftsrecht und präventives Entziehen bei verdächtigen Vermögen.
Die nationalen und europäischen Pläne veranschaulichen eindeutig, dass es im Bereich der Finanzkriminalitätsbekämpfung und der Durchsetzung von Sanktionen in den kommenden Jahren weiterhin sehr spannend bleibt und Unternehmen wie Privatpersonen sich auf einen steten Wandel einstellen müssen.
Die Delegierte Verordnung (EU) 2021/1253 tritt zum 2. August 2022 in Kraft. Sorgt die strenge Regulierung für mehr Nachhaltigkeit?
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