Zum Inhalt springen
Blumentop der mit einem Kabel an einen Laptop angeschlossen ist

Green Coding: Die Zukunft der Softwareentwicklung ist nachhaltig

Software begleitet und erleichtert unser Leben. Sie ist (fast) überall – ob im Fahrzeug, in der Smart-Home-Steuerung oder in unzähligen Unternehmensprozessen. Aber: keine Erfolgsgeschichte ohne Schattenseite. In Puncto Nachhaltigkeit steht Software häufig in der Kritik. Wir haben uns angeschaut, wie Softwareentwicklung nachhaltiger funktioniert und beleuchten dafür das Konzept „Green Coding“.

Schätzungsweise zwölf Prozent des weltweiten Stromverbrauchs gehen auf digitale Geräte und Dienste zurück. Tendenz stetig steigend. Dieser wachsende Energiebedarf gehört zu einem der Faktoren, die die Erreichung des globalen 2-Grad-Ziels gefährdet und perspektivisch eine Lösung benötigt. Und die heißt nicht etwa weniger Software zu nutzen – sondern nachhaltigere. Bereits im Entwicklungsprozess entscheidet sich maßgeblich, wie energieintensiv eine Softwarelösung ist – und da gibt es Stellschrauben. Spoiler: Diese gehen weit über das eigentliche Coden hinaus.

Green Coding: eine Definition

Green Coding ist längst mehr als ein Buzzword. Es bezeichnet eine Reihe von Prinzipien und Techniken, die darauf abzielen, den Energieverbrauch von Software zu reduzieren und gleichzeitig die Effizienz, Leistung und Innovationsfähigkeit von Anwendungen zu steigern.

Green Coding ist deshalb am Ende viel mehr, als Code zu schreiben und zu implementieren. Um nachhaltige und energieeffiziente Softwarelösungen zu entwickeln, spielen ebenso die Auswahl des Cloud-Anbietenden, der passenden Anwendungsarchitektur, der eingesetzten Technologien und schließlich der verwendeten Programmiersprachen eine wichtige Rolle.

Green Coding Principles: Richtlinien für nachhaltige Softwareentwicklung

Die Green Coding Principles, entwickelt von der Green Software Foundation, bieten wertvolle Leitlinien, um Software nachhaltig und energieeffizient zu entwickeln. Diese Grundsätze ermutigen Entwickler:innen dazu, redundante Code-Strukturen zu vermeiden und effiziente Algorithmen zu nutzen. Denn schon die Wahl der richtigen Datenstrukturen sowie der geschickte Einsatz von Caching-Techniken können den Energieverbrauch erheblich reduzieren.

Ein zentraler Aspekt dieser Prinzipien ist die Fokussierung auf modularisierten und gut strukturierten Code. Die Aufteilung von Anwendungen in wiederverwendbare Komponenten verbessert nicht nur die Code-Qualität, sondern trägt auch dazu bei, den Energieverbrauch zu senken. Weniger redundanter Code bedeutet weniger Rechenarbeit, weniger Stromverbrauch und letztendlich eine effizientere Anwendung.

Ressourceneffiziente Algorithmen und Technologien

Ein weiteres Kernelement der Green Coding Principles ist die Förderung von ressourceneffizienten Algorithmen. Durch die bewusste Auswahl von Algorithmen, die mit möglichst geringem Ressourceneinsatz hohe Leistung erzielen, kann der Energieverbrauch der Software drastisch gesenkt werden. Dies gilt insbesondere für Anwendungen, die große Mengen an Daten verarbeiten oder komplexe Berechnungen durchführen.

Die Wahl der richtigen Programmiersprache und Frameworks

Neben der Optimierung des Codes spielen auch die Wahl der Programmiersprache und die Nutzung von Frameworks eine entscheidende Rolle. Die Green Coding Principles empfehlen den Einsatz von Programmiersprachen und Tools, die eine effiziente Ressourcennutzung fördern. Moderne Programmiersprachen bieten oft Funktionen zur automatischen Speicherbereinigung und zur Optimierung von Ressourcen. Das optimiert die Energiebilanz der Anwendung.

Regelmäßiges Testing und Monitoring

Darüber hinaus betonen die Green Coding Principles die Bedeutung von regelmäßigem Testing und Monitoring. Durch die kontinuierliche Überwachung der Anwendung können ineffiziente Code-Passagen und Ressourcenengpässe frühzeitig erkannt und behoben werden. Dies ermöglicht nicht nur eine bessere Energieeffizienz, sondern auch eine stabilere und zuverlässigere Software.

"Die Ausrichtung der Software auf die Wertströme spielt eine entscheidende Rolle."
Marcel Russ

 

Die Rolle der Cloud

Im Entwicklungsprozess ist es wichtig, dass Softwareentwickler:innen jede Komponente, jede Klasse und am Ende jede Zeile Code auf ihre Notwendigkeit hin hinterfragen. Denn: Jeder geschriebene Code trägt zum Energieverbrauch bei. Aber auch weitere Rahmenbedingungen sollten kritisch geprüft werden – beispielsweise die Auswahl des Cloud-Anbietenden.

Cloud-Anbietende selbst sind sich ihrer Bedeutung auf den internationalen Stromverbrauch zunehmend bewusst – und handeln. Sie setzen vermehrt auf erneuerbare Energien, um ihren Energiebedarf zu decken. Google beispielsweise plant, seine Computerfarmen bis 2030 rein mit erneuerbaren Energien zu betreiben. Zusätzlich optimieren sie anhand von innovativen Virtualisierungstechniken die Ressourcennutzung auf den Servern.

Grundpfeiler für Green Coding in der Cloud

Software ist jedoch nicht gleich „grün“, nur weil sie in der Cloud betrieben wird. Ein essenzieller Schritt auf dem Weg zum Green Coding in der Cloud ist es, eine energieeffiziente Anwendungsarchitektur zu gestalten. Ressourceneffizienz, Transparenz, Langlebigkeit und Anpassungsfähigkeit spielen dabei eine Schlüsselrolle. Diese Architektur sollte sich an den Wertströmen des Unternehmens orientieren und auf skalierbaren Komponenten sowie intelligentem Caching basieren. Mit einer solchen Architektur lässt sich nicht nur der Energieverbrauchs reduzieren, sondern auch Raum für zukünftige Innovationen und Anpassungen schaffen.

Serverless-Architekturen richtig aufbauen

Auch Serverless-Architekturen können eine wichtige Rolle beim Green Coding spielen. Unter bestimmten Bedingungen helfen sie dabei, den Energieverbrauch und die Ressourcenverschwendung durch kurze Ausführungszeiten und automatische Skalierung in Rechenzentren zu reduzieren.

Die Voraussetzung: Serverless-Anwendungen sorgfältig gestalten und überwachen, um sicherzustellen, dass sie tatsächlich umweltfreundlich sind. In einigen Fällen – je nach Programmierung – kann die Serverless-Nutzung dazu führen, dass Cloud-Anbietende mehr Energie verbrauchen, um die schnelle Skalierung zu ermöglichen.

Neue Technologien: Verborgenes Potenzial für Green Coding heben

Auch wenn Technologien wie Künstliche Intelligenz und Blockchain für ihren hohen Energieverbrauch bekannt sind, können sie dennoch in ein nachhaltiges IT-Konzept integriert werden. Hierbei kommt es darauf an, einen ausgewogenen Ansatz zu finden, bei dem die Vorteile der Technologien die Energiekosten überwiegen.

Die Integration von Künstlicher Intelligenz (KI) in Green Coding kann paradox wirken, da das Trainieren der KI-Modelle und das spätere Ausführen der KI-Algorithmen oft eine erhebliche Rechenleistung erfordern. Dennoch bieten sie Möglichkeiten zur Optimierung, die den Energieverbrauch langfristig senken können. KI kann beispielsweise dazu verwendet werden, automatisch ineffizienten Code zu identifizieren und zu optimieren oder potentielle Lastspitzen vorhersagen und so Systeme bedarfsgerecht zu skalieren.

Auch Blockchain-Technologie ist bekannt für ihre anspruchsvollen Berechnungen und dezentralen Netzwerke, birgt aber ebenfalls Potenzial für Green Coding. Durch die gezielte Auswahl von energieeffizienten Konsensmechanismen und die Optimierung von Smart Contracts können die Energiekosten von Blockchain-Anwendungen erheblich reduziert werden. Darüber hinaus können Green Coding-Prinzipien auf die Entwicklung von Blockchain-Anwendungen angewendet werden, um deren Effizienz und Nachhaltigkeit zu steigern.

Die richtige Integration dieser Technologien erfordert eine gründliche Analyse und Planung. Unternehmen und Entwickler:innen müssen bewusst den Mehrwert abwägen, den diese Technologien bieten, und gleichzeitig die möglichen Auswirkungen auf den Energieverbrauch berücksichtigen.

KI kann dazu verwendet werden, automatisch ineffizienten Code zu optimieren oder potentielle Lastspitzen vorherzusagen und Systeme bedarfsgerecht zu skalieren.
Marcel Russ

Green Coding als Weg zur Nachhaltigkeit und Wettbewerbsfähigkeit

Green Coding ist mehr, als „einfach nur“ Software-Lösungen von eigenen Servern in die Cloud zu migrieren. Erst ein Zusammenspiel aus vielen Facetten ermöglicht es, die Energieeffizienz von Software zu verbessern. Für Unternehmen eine echte Chance, ihren ökologischen Fußabdruck zu reduzieren.

Green Coding ist jedoch mehr als ein bewusstes „Ja“ zur Nachhaltigkeit. Im Zuge der Corporate Social Responsibility Directive (CSRD) sind viele europäische Unternehmen in Zukunft verpflichtet ihre Nachhhaltigkeitsbemühungen offen zu legen. Diese neue Transparenz hilft Unternehmen, ihre Lieferanten bewusster auszuwählen. In diesem Zuge kann sich die Entscheidung für Green Coding perspektivisch zu einem echten Wettbewerbsvorteil entwickeln.

Green Coding als strategischen Wettbewerbsvorteil zu betrachten, verschiebt das Thema von den IT-Abteilungen in die Management-Ebene. Gezielt gefördert und eingesetzt, kann sich die nachhaltige Software-Entwicklung zu einem echten Gamechanger entwickeln.

 

 

Mehr zum Thema Nachhaltigkeit