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Hand nimmt ein Post It von 9, mit verschiedenen Ilustrationen drauf

Navigieren im KI-Dschungel: Use-Cases priorisieren und strategisch denken

In der Produktentwicklung und insbesondere beim Entwickeln von KI-Initiativen ist eine gezielte Priorisierung unerlässlich, um zeitnah Erfolge zu sichern. Wir erklären, wie das Impact/Effort-Modell für GenAI Use-Cases umgedacht und interpretiert werden muss.

Produkt- und Strategiemanager:innen stehen oft vor der schwierigen Aufgabe, aus einer Vielzahl von Möglichkeiten die richtigen zu wählen. Mit der zunehmenden Popularität von KI und insbesondere generativer Künstlicher Intelligenz (GenAI) ist es für diese eine noch anspruchsvollere Aufgabe geworden, aus einer breiten Palette von möglichen Use-Cases diejenigen auszuwählen, die den größten Mehrwert bieten.

Viele kennen klassische Bewertungsframeworks wie das RICE-Framework oder das Impact/Effort-Modell. Sie helfen, eine Vielzahl von Ideen zu strukturieren und die vielversprechendsten Use-Cases auszuwählen, sodass Ressourcen gezielt und effizient eingesetzt werden können. Doch wie passen sich diese Frameworks an die sich schnell entwickelnde Technologie an? Was bedeutet beispielsweise Effort im Kontext von Large Language Models (LLMs)?

GenAI steht auf dem „Peak of Inflated Expectations“ 

Nach der Veröffentlichung von ChatGPT gab es einen riesigen Hype um das Thema GenAI. Das erste Mal seit fast einem Jahrzehnt wurde eine neue Technologie von den meisten Entscheider:innen als strategische Notwendigkeit angesehen. 

Nach einer Phase überhöhter Erwartungen setzen nun realistische Einschätzungen ein. Unternehmen erkennen, dass nicht alle GenAI-Versprechungen sofort umsetzbar sind und dass es erhebliche Herausforderungen gibt, besonders bei der Integration und Skalierung von Daten. Diese Ernüchterung ist jedoch keine Enttäuschung, sondern eine Gelegenheit.

Jetzt ist der perfekte Zeitpunkt, um zu evaluieren, welche GenAI-Initiativen tatsächlich Mehrwert bieten und wie sie effektiv eingesetzt werden können, um nachhaltigen Geschäftserfolg zu gewährleisten. Viele Unternehmen haben bereits zahlreiche Ideen und Initiativen im Kopf, wissen jedoch nicht genau, wo sie anfangen sollen, um den größten Mehrwert zu generieren.

Hierbei ist es essenziell, nicht nur den unmittelbaren Nutzen der einzelnen Initiativen zu betrachten, sondern auch die potenziellen Cross-Mehrwerte. Das bedeutet, zu erkennen, wie verschiedene Initiativen sich gegenseitig verstärken und dadurch einen noch größeren Einfluss auf das Unternehmen haben können.

Let’s talk GenAI

Unternehmen benötigen spezifische Frameworks, um die einzigartigen Herausforderungen und Potenziale dieser Technologie zu berücksichtigen. Wir nutzen das Impact/Effort-Modell speziell für die Bewertung und Priorisierung von GenAI Use-Cases. Dieses Modell bietet eine strukturierte Methode, die sich besonders für Produktmanager:innen eignet, um kurzfristige bis mittelfristige Entscheidungen zu treffen.

Durch die Berücksichtigung der besonderen Anforderungen von GenAI, wie Datenmodellierung und Systemintegration, können wir den Effort-Faktor präziser bewerten und somit fundierte Entscheidungen treffen. Die Krux bei der Anwendung ist: zu wissen, was Impact und Effort im Kontext von Large-Language-Models sind.

Wie du konkret das Impact/Effort-Modell nutzt 

Diese Erklärungen sind keine abgewandelte Form des klassischen Modells, sondern eine präzise Anwendung auf den Kontext der GenAI-Technologie. Im Folgenden werden die Dimensionen des Modells detailliert erklärt, damit du eine klare Vorstellung davon bekommst, was Impact und Effort speziell bei LLMs bedeuten und wie diese Kriterien bewertet werden können. 

Impact
Intensität der Nutzung: Größe der Nutzergruppe & Nutzungsfrequenz
Effort
System-/Infrastrukturkomplexität: Anzahl involvierter Systeme & Datentypen
Impact
Zeitersparnis: Realisierbarer Effizienzgewinn durch Lösung
Effort
Daten-/Modellierungskomplexität: Einschränkungen von Qualität/Verfügbarkeit/ Korrektheit von Daten & Anforderungen an Modell
Impact
Strategischer Mehrwert: Beitrag zur Erreichung der Ziele der Unternehmensstrategie
Effort
Regulierungskomplexität: Einschränkungen durch KRITIS, o.ä.
Impact
Strahlkraft: Strahlkraft des Use Cases nach außen (Endkunden, Konzern, sonstige Stakeholder) und nach innen (Mitarbeitende, Führungskräfte)
Effort
Prozesskomplexität: Einfluss auf die Kernkompetenz
Impact
Effort
Change-Komplexität: Eingriff in bestehende Arbeitspraktiken und damit verbundener notwendiger Wandel

Durch die präzise Definition dieser Dimensionen wird klar, was Impact und Effort im GenAI-Kontext bedeuten und wie sie bewertet werden können, um zeitnah effektive Entscheidungen zu treffen. Diese klaren Kriterien und die dazugehörigen Beispiele helfen, die Bewertung objektiv und nachvollziehbar zu gestalten, wodurch fundierte Entscheidungen getroffen werden können.

Für (Gen)AI-Erfolg ist eine klare KI-Strategie entscheidend.
Julia Steffens

So wendest du die Priorisierung in der Praxis an 

Die praktische Anwendung des Impact/Effort-Modells für GenAI Use-Cases ist entscheidend, um die vielversprechendsten Use-Cases zu identifizieren und effizient umzusetzen. Hier zeigen wir dir Schritt für Schritt, wie du dieses Modell nutzen kannst, um fundierte Entscheidungen zu treffen.

Schritt 1. Ideensammlung und erste Einschätzung

Beginne mit einer umfassenden Ideensammlung. Diese kann durch Brainstorming-Sitzungen, interne Wettbewerbe oder Workshops erfolgen. Ziel ist es, eine Vielzahl von GenAI Use-Cases zu identifizieren, die potenziell Mehrwert für dein Unternehmen bringen könnten. 

Beispiel: Ein Energieversorger identifiziert mehrere GenAI Use-Cases, darunter automatische Verbrauchsprognosen, prädiktive Wartung von Transformatoren und Echtzeit-Optimierung des Energienetzes. 

Schritt 2. Erste Gruppierung und Filtern

Sobald die Ideen gesammelt sind, gruppiere sie nach Themen oder Geschäftsfeldern. Filtere offensichtliche Fehlinvestitionen oder unrealistische Ideen aus, um die Liste auf vielversprechende Use-Cases zu reduzieren. 

Beispiel: Der Energieversorger filtert Use-Cases heraus, die zum aktuellen Zeitpunkt technisch nicht umsetzbar oder wirtschaftlich unrentabel sind. 

Schritt 3. Bewertung der Impact-Dimensionen

Bewerte jeden verbleibenden Use-Case anhand der Impact-Dimensionen: 

  • Nutzungsintensität: Wie groß ist die betroffene Nutzergruppe und wie häufig wird der Use-Case genutzt? 

  • Zeitersparnis: Welche Effizienzgewinne können erreicht werden? 

  • Strategischer Mehrwert: Wie trägt der Use-Case zur Erreichung der Unternehmensziele bei? 

  • Strahlkraft: Welchen Einfluss hat der Use-Case auf interne und externe Zielgruppen? 

Vergib für jede Dimension Punkte auf einer Skala von 1 (sehr gering) bis 5 (sehr hoch). 

Beispiel: Der Use-Case "prädiktive Wartung von Transformatoren" wird mit hohen Punkten für strategischen Mehrwert und Zeitersparnis bewertet. 

Schritt 4. Bewertung der Effort-Dimensionen

Bewerte den Aufwand für die Umsetzung jedes Use-Cases anhand der Effort-Dimensionen: 

  • System-/Infrastrukturkomplexität: Wie viele Systeme und Datentypen sind involviert? Wie offen sind die Systeme?

  • Daten-/Modellierungskomplexität: Welche Einschränkungen gibt es bei der Datenqualität und den Modellanforderungen? 

  • Regulierungskomplexität: Welche gesetzlichen und regulatorischen Anforderungen müssen erfüllt werden? 

  • Prozesskomplexität: Wie beeinflusst der Use-Case die bestehenden Unternehmensprozesse? 

  • Change-Komplexität: Welche Änderungen an den Arbeitspraktiken sind notwendig? 

Vergib auch hier Punkte auf einer Skala von 1 (sehr gering) bis 5 (sehr hoch). 

Beispiel: Der Use-Case "prädiktive Wartung von Transformatoren" erhält moderate Punkte bei System-/Infrastrukturkomplexität und hohe Punkte bei Daten-/Modellierungskomplexität. 

Schritt 5. Erstellung der Matrix und Priorisierung

Erstelle eine Impact/Effort-Matrix, in der du die Use-Cases nach ihren Bewertungen positionierst. Platziere Use-Cases mit hohem Impact und geringem Effort oben rechts in der Matrix – diese sollten priorisiert werden, da sie den größten unmittelbaren Nutzen bei geringstem Aufwand bieten.

Beispiel: Der Use-Case "prädiktive Wartung von Transformatoren" befindet sich im oberen rechten Quadranten der Matrix und wird daher als hoher Priorität eingestuft.

Schritt 6. Umsetzung und kontinuierliche Überprüfung

Nachdem die Prioritäten festgelegt sind, starte mit der Umsetzung der Top-Use-Cases. Überwache kontinuierlich die Fortschritte und passe die Prioritäten bei Bedarf an, basierend auf neuen Daten und Erkenntnissen.

Beispiel: Der Energieversorger beginnt mit der Implementierung der prädiktiven Wartung und überwacht den Erfolg des Use-Cases. Weitere Use-Cases werden sukzessiv nach den gewonnenen Erkenntnissen umgesetzt.

Durch die Anwendung des Impact/Effort-Modells kannst du deine GenAI-Use-Cases systematisch und objektiv priorisieren und sicherstellen, dass deine Ressourcen effizient eingesetzt werden, um den größtmöglichen geschäftlichen Nutzen zu erzielen.

Wir brauchen Zahlen, bitte! 

Ein erfolgreiches Bewertungsmodell zeigt sich in konkreten Ergebnissen. Unsere Anwendung des Impact/Effort-Modells hat bei einem unserer Kunden beeindruckende Ergebnisse erzielt. Von über 60 gesammelten Ideen konnten wir die vielversprechendsten 34 GenAI-Use-Cases identifizieren und priorisieren. Dieses strukturierte Vorgehen ermöglichte es uns, schließlich die Top 5 Use-Cases herauszufiltern, die den größten unmittelbaren Nutzen bei geringstem Aufwand bieten.

Diese Top-5-Use-Cases wurden durch die Anwendung des Impact/Effort-Modells identifiziert und priorisiert, was den Unternehmen ermöglicht hat, Ressourcen effizient einzusetzen und schnell messbare Erfolge zu erzielen. Doch diese Erfolge sind nur der erste Schritt.

Kurzfristige Priorisierung und langfristige Strategie: Eine ausgewogene Herangehensweise

Die Priorisierung von Use-Cases ist ein entscheidender Schritt für Produkt- und Strategiemanager:innen, um schnell die gewinnbringendsten Initiativen zu identifizieren und Ressourcen effizient einzusetzen. Das Impact/Effort-Modell bietet hierfür eine klare und praxisnahe Methode, mit der gezielt Entscheidungen getroffen und greifbare Ergebnisse erzielt werden können. Es ermöglicht, auf die sich schnell entwickelnden Anforderungen der KI-Technologie zu reagieren und kurzfristig Erfolge zu sichern.

Doch während das Priorisieren von Use-Cases von großer Bedeutung ist, kann es ebenso hilfreich sein, sich auch über eine umfassendere KI-Strategie Gedanken zu machen. Eine durchdachte KI-Strategie bietet den Rahmen, in dem diese priorisierten Use-Cases nicht nur isoliert betrachtet, sondern als Teil eines größeren Ganzen umgesetzt werden. Sie hilft, langfristige Ziele zu setzen, den Einsatz von KI-Technologien strategisch zu lenken und die gesamte Organisation hinter einer klaren Vision zu vereinen.

Während das Impact/Effort-Modell also dabei unterstützt, kurzfristig die effektivsten Use-Cases auszuwählen, bietet eine KI-Strategie die Möglichkeit, diese Projekte in einen übergeordneten Kontext zu stellen. So wird nicht nur der kurzfristige geschäftliche Nutzen maximiert, sondern auch der langfristige Erfolg des Unternehmens gesichert.

Deshalb empfehlen wir, die Priorisierung von Use-Cases immer im Zusammenhang mit einer umfassenden KI-Strategie zu betrachten. Mit einer klaren strategischen Ausrichtung kann KI nicht nur kurzfristige Gewinne bringen, sondern das Unternehmen dauerhaft erfolgreich und zukunftssicher machen.

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