Circular Economy: Ein Konzept der Zukunft?
Circular Economy fordert die traditionelle lineare Wertschöpfung von "Herstellen - Nutzen - Wegwerfen" heraus, verlängert den Lebenszyklus von Produkten und reduziert Abfälle auf ein Minimum. Klingt vielversprechend? Wir sprechen mit Carl Wuppermann (CW) und Anton Kriener (AK), Venture Developer und Venture Analyst bei NEEW Ventures über Definition, Vorteile, Businessmodelle und Zukunftsperspektiven.
Hol uns doch bitte einmal ab, was genau ist Circular Economy?
CW: Circular Economy - auch Kreislaufwirtschaft - beschreibt einen Gegenentwurf zur linearen Wertschöpfung (Produce -> Use -> Dispose). Die Circular Economy denkt in geschlossenen Kreisläufen. Produkte werden nach ihrem Lebenszyklus nicht einfach entsorgt, sondern idealerweise komplett wiederverwertet. Das Ziel laut Definition: vorhandene Ressourcen langfristiger nutzen und schützen.
AK: Auf diese Weise leistet der Ansatz einen großen Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit – und nutzt so Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt. Anstelle des Schritts „dispose“ wird bei der Circular Economy nämlich der Kreislauf zum Produzenten geschlossen (-> use -> reuse -> remanufacture -> recycle). Das ist wichtig. Denn nur so können wir die endlichen, uns zur Verfügung stehenden Ressourcen bestmöglich nutzen und für die zukünftigen Generationen schützen.
Was sind die Vorteile von Kreislaufwirtschaft im Vergleich zur Wirtschaft, wie wir sie kennen?
CW: Der große Vorteil ist, dass Ressourcen viel effizienter genutzt werden als es bei der linearen Wertschöpfung der Fall ist. Es ist ein Irrsinn, Produkte einfach zu entsorgen, obwohl ein Großteil der Rohstoffe noch weiter genutzt werden kann. Das hat viele positive Nebeneffekte: So lassen sich auf diesem Weg CO2- und Schadstoffemissionen reduzieren, Transportwege einsparen und Abhängigkeiten minimieren. Kreislaufwirtschaft ermöglicht also eine viel nachhaltigere Wirtschaft.
Wie genau hilft NEEW Ventures, Circular Economy voranzutreiben?
AK: NEEW Ventures ist ein Venture Builder. Das heißt: Wir entwickeln digitale Geschäftsmodelle, die die Kreislaufwirtschaft stärken. Dabei starten wir dort, wo andere aufhören – nämlich beim Abfall. Das ist nämlich genau die Stelle, an der es Konzepte und Strategien braucht, um aus einer linearen Wertschöpfungskette eine zirkuläre zu machen.
Gibt es dort konkrete Beispiele?
CW: In der Theorie ist es ganz einfach: Je mehr Materialien wir recyclen, desto weniger neue Ressourcen und Rohstoffe werden benötigt. So lassen sich beispielsweise Schäden durch Rohstoffabbau minimieren. Und: Es muss außerdem weniger Abfall deponiert oder verbrannt werden, was zu weniger Schadstoffemissionen in die Umwelt führt.
Ganz konkret arbeiten wir beispielsweise gerade an einer Plattform, über die Abfall auf Abruf gesammelt wird. Denn: Natürlich muss der Abfall zielgerichtet zu den Unternehmen kommen, die ihn wiederverwenden können und möchten. Eine Herausforderung! Wir entwickeln außerdem gerade eine nachhaltige und effiziente Berichterstattungslösung für Elektroschrott und erkunden Möglichkeiten auf der Output- und auf der Energieseite von Biogas- und Biomethananlagen.
Was muss passieren, damit mehr Unternehmen auf den Zug der Kreislaufwirtschaft aufspringen?
AK: Aktuell gibt es leider ein Ungleichgewicht zwischen ökonomischem und ökologischem Anreizsystem, welches behoben werden muss. Außerdem ist noch ganz viel Aufklärungsarbeit notwendig. Unternehmen muss aufgezeigt werden, wie hoch der ökonomische Nutzen des nachhaltigen Handelns ist – das ist vielen nicht bewusst. Deswegen scheuen sie, den Schritt zu gehen und ihr Handeln umzustellen.
CW: Es fehlt aber leider der Zugang zu neuen Talenten, die motiviert sind, sich der Circular Economy zu verschreiben und mit ihren Fähigkeiten und Ideen Lösungen für das schließen der Kreisläufezu entwickeln. Dafür können und müssen wir das Momentum, was durch die aktuelle Krise gegeben ist und den generellen Willen, den Klimawandel zu stoppen, nutzen und junge Talente von den Vorteilen der Kreislaufwirtschaft überzeugen.
"Unternehmen muss aufgezeigt werden, wie hoch der ökonomische Nutzen des nachhaltigen Handelns ist – das ist vielen nicht bewusst."
Anton Kriener, Venture Analyst Neew Ventures
Was macht ein Circular Business Model aus?
AK: Ein Circular Business Model steht im Spannungsfeld sowohl ökologischen als auch ökonomischen Mehrwert zu bringen. Damit unterscheidet es sich von gemeinnützigen Initiativen. Es bringt uns nichts, wenn wir ein super Geschäftsmodel entwickelt haben aber nach 6 Monaten bankrott sind. Die gute Nachricht: Ökologischer und ökonomischer Impact schließen sich nicht aus, sondern können sich sogar gegenseitig beflügeln. Somit kann ein profitables Geschäftsmodell – wenn es gut durchdacht ist – durchaus einen größeren und anhaltenderen Impact haben als reine NGO-Ansätze.
Blick in die Zukunft: Wo stehen wir in 10 Jahren in Bezug auf das Thema Kreislaufwirtschaft?
CW: Mein Wunsch für in zehn Jahren: Die Verbindung zwischen ökonomischem und ökologischem Mehrwert in der Entscheidungsfindung hat sich zu diesem Zeitpunkt schon so stark etabliert, dass alle wirtschaftlichen Akteur:innenihre Entscheidungen an den Maximen der Kreislaufwirtschaft ausrichten. Durch das Schließen der Kreisläufe ist ein abgestimmtes Handeln zwischen den verschiedenen Beteiligten entstanden, von dem alle profitieren (Produzierende, Inverkehrbringende, Konsumierende, Recyclingbranche und am Ende auch der Planet).
Aber nicht nur die Kreislaufwirtschaft wird sich etabliert haben. Auch bahnbrechende Technologien und Unternehmen die an einer CO₂ - negativen Wirtschaft arbeiten haben sich bis dahin hoffentlich durchgesetzt, vervielfacht und die operative Skalierung geschafft.
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