Zum Inhalt springen
Markus Fischer und  Nils Botthäuser mit einer illustrierten Faust mit Blitz in der Mitte

Multi-Cloud versus Vendor Lock-In

Sollte man sich auf eine agnostische Multi-Cloud-Strategie mit interoperablen Lösungen wie Docker oder Kubernetes konzentrieren, um Unabhängigkeit zu bewahren? Oder sollte man auf die einzigartigen Funktionen eines nativen Cloud-Providers wie AWS setzen und das Risiko eines Vendor Lock-in bewusst in Kauf nehmen?

Unsere Cloud-Experten Markus Fischer (Befürworter der agnostischen Multi-Cloud-Strategie) und Nils Botthäuser (Befürworter der nativen Cloud-Services) haben ein Streitgespräch geführt, das zahlreiche Insights in die Vor- und Nachteile beider Cloud-Strategien gibt.

  1. Agnostische Multi-Cloud-Strategie: Flexibilität und Unabhängigkeit durch interoperable Lösungen wie Docker und Kubernetes. 

  1. Native Cloud-Services: Spezialisierte Anbieter wie AWS oder Azure bieten höhere Effizienz, schnellere Skalierung und tief integrierte Funktionen. 

  1. Kostenaspekte: Multi-Cloud ermöglicht Kostensenkung durch Anbieterwechsel, während native Dienste versteckte Kosten durch Komplexität vermeiden. 

  1. Sicherheitsaspekte: Cloud-native Services profitieren von umfangreichen Sicherheitsinfrastrukturen, während Multi-Cloud individuelle Sicherheitspraktiken kombinieren kann. 

  1. Zukunft der Cloud: Beide Strategien werden relevant bleiben; jedoch könnte eine hybride Lösung die optimalste Wahl sein, um Vorteile beider Ansätze zu nutzen. 

Welche Kriterien sollten Unternehmen priorisieren, wenn sie sich zwischen spezialisierten Cloud-Services und einer agnostischen Multi-Cloud-Lösung entscheiden müssen?

Nils: Für viele Unternehmen steht die Effizienz im Vordergrund. Und spezialisierte Cloud-Dienste wie Azure, GCP oder AWS bieten nun mal tief integrierte Lösungen, die perfekt aufeinander abgestimmt sind und eine bessere Performance und Kostenoptimierung ermöglichen. Dazu kommt: Wenn ein Unternehmen auf den nativen Diensten eines Cloud-Providers aufbaut, kann es schneller skalieren, neue Funktionen implementieren und Produkte auf den Markt bringen. Zudem werden durch die tiefe Integration die Komplexität der Infrastruktur und der Wartungsaufwand erheblich reduziert.

Nils Botthäuser, Senior Manager  

„Trotz eines Vendor Lock-ins kann der Geschwindigkeitsgewinn erheblich und eine spätere Migration auf einen anderen Cloud-Provider zeitsparender und kostengünstiger sein.“ 

Markus: Unternehmen sollten vor allem auf Flexibilität und Unabhängigkeit setzen. Dabei bietet eine agnostische Multi-Cloud-Lösung den klaren Vorteil, schnell zu einer anderen Lösung wechseln zu können, wenn sich Preisstrukturen ändern oder technologische Fortschritte ergeben. Außerdem ist es in einer Multi-Cloud-Umgebung einfacher, verschiedene Dienste zu kombinieren und gleichzeitig regulatorische und Compliance-Anforderungen zu erfüllen.

Markus Fischer, Cloud Fellow 

„Die langfristige Flexibilität und Kontrolle über die eigene Infrastruktur sind unverzichtbare Vorteile einer agnostischen Lösung.“ 

Stichwort Flexibilität: Welche Rolle spielt sie in der Cloud-Strategie?

Markus: Für mich ist Flexibilität der entscheidende Faktor. Unternehmen müssen in der Lage sein, schnell auf Veränderungen im Markt oder beim Preis zu reagieren. Wenn ich meine Workloads durch den Einsatz von Standardtechnologien wie Docker und Kubernetes problemlos von einer Cloud zur anderen verschieben kann, gibt mir das die Freiheit, die besten Angebote auszuwählen und schnell zu wechseln, wenn es nötig wird. Und wenn es nötig ist, kann ich auch wieder in mein eigenes Rechenzentrum zurückkehren.

Markus Fischer, Cloud Fellow 

„Mit einer Multi-Cloud kann ich die Vorteile der unterschiedlichen Provider stets zu meinem Vorteil einsetzen.“ 

Nils: Natürlich bietet die Multi-Cloud-Strategie mir in der Theorie eine hohe Flexibilität. Da man jedoch für jeden Cloud-Provider ein Basis-Setup vorhalten muss, resultiert dieser Ansatz auch in höheren Operationskosten. Dabei ist die Fähigkeit, schnell zwischen Cloud-Providern zu wechseln sehr attraktiv, aber in der Praxis sehe ich das doch eher selten. Die Integration mit den nativen Diensten eines Providers wie AWS, GCP oder Azure ermöglicht es mir hingegen, viel schneller zu skalieren und neue Funktionen zu implementieren. So bieten die Cloud-nativen Services eine Geschwindigkeit und Effizienz, die in einer Multi-Cloud-Umgebung nur schwer zu erreichen sind.

Nils Botthäuser, Senior Manager  

„Durch den Fokus auf nur einen Provider kann ich Innovationen vorantreiben, ohne mich mit der zusätzlichen Komplexität der Multi-Cloud herumschlagen zu müssen“ 

Wie sieht es mit den Kosten aus? Welcher Ansatz ist wirtschaftlicher?

Markus: Eine Multi-Cloud-Strategie bietet mir den Vorteil, verschiedene Cloud-Provider gegeneinander ausspielen zu können. Wenn einer die Preise erhöht, kann ich leichter zu einem Günstigeren wechseln. Die Vorhersehbarkeit der Kosten ist ein weiterer Vorteil, insbesondere wenn ich standardisierte Dienste nutze, die einfach zu kalkulieren sind. Die Komplexität der Kostenstrukturen bei einzelnen Anbietenden, besonders wenn man tief in deren native Dienste integriert, ist oft undurchsichtig und schwer zu managen.

Nils: Zwar mögen die Kosten in einer Multi-Cloud-Umgebung auf den ersten Blick vorhersehbarer erscheinen, aber das ignoriert die versteckten Kosten, die durch die erhöhte Komplexität entstehen. Jeder zusätzliche Cloud-Provider, den du hinzunimmst, erfordert Management, Schulung und Integration, was die Kosten in die Höhe treibt. Auf der anderen Seite bieten Cloud-native Services die Möglichkeit, durch die Nutzung serverloser Architekturen und anderer spezialisierter Dienste signifikante Kosteneinsparungen zu erzielen. Und da ich nur für die tatsächliche Nutzung zahle, kann ich meine Infrastruktur dynamisch skalieren und so die Gesamtkosten reduzieren.

Welche Sicherheitsaspekte müssen berücksichtigt werden?

Nils: Sicherheit ist ein Bereich, in dem die Vorteile der Cloud-nativen Services besonders deutlich werden. Denn Provider wie AWS, Azure oder Google Cloud haben enorme Ressourcen in ihre Sicherheitsinfrastruktur investiert, und ich kann auf deren Expertise vertrauen. Sie bieten umfassende Zertifizierungen und Sicherheitsdienste, die ich nicht selbst entwickeln muss. In einer Multi-Cloud-Umgebung müsste ich diese Sicherheitsmaßnahmen über mehrere Plattformen hinweg replizieren und synchronisieren, was die Angriffsfläche erhöht und das Risiko potenzieller Sicherheitslücken vergrößert.

Markus: Bei der Multi-Cloud-Strategie ist Sicherheit ein zweischneidiges Schwert. Wie Nils schon erwähnt hat, erhöht die Nutzung mehrerer Cloud-Provider einerseits die Komplexität des Sicherheitsmanagements, andererseits gibt sie mir die Möglichkeit, die besten Sicherheitspraktiken aus verschiedenen Quellen zu kombinieren. Dazu kommt, dass ich durch die Standardisierung auf plattformunabhängige Technologien sicherstellen kann, dass meine Sicherheitsstandards überall gleich hoch sind.

Welche Rolle spielt Compliance bei der Entscheidungsfindung?

Markus: In stark regulierten Branchen ist Compliance natürlich ein Schlüsselfaktor. Eine Multi-Cloud-Strategie bietet hier den Vorteil, dass ich die spezifischen Anforderungen durch die Auswahl des richtigen Cloud-Services erfüllen kann. Wenn ein Cloud-Provider bestimmte Zertifizierungen nicht hat, verschiebe ich meine Workloads einfach zu einem anderen, der meine Anforderungen erfüllt. So gewinne ich auch bei der Einhaltung gesetzlicher Vorgaben eine größere Flexibilität.

Nils: Auch wenn die Multi-Cloud-Strategie eine gewisse Flexibilität in Bezug auf Compliance bietet, muss man bedenken, dass die großen Cloud-Provider ihre Dienste kontinuierlich erweitern und zertifizieren lassen. AWS und Azure zum Beispiel bieten zahlreiche Compliance-Zertifikate an, die für verschiedene Branchen relevant sind. Zudem verfügen sie über lokale Rechenzentren, die spezifische regionale Anforderungen erfüllen. Bedeutet: Indem ich auf die Dienste eines einzigen, vertrauenswürdigen Cloud-Providers setze, kann ich sicherstellen, dass meine Daten und Anwendungen den höchsten Sicherheits- und Compliance-Standards entsprechen.

 

Wohin wird die Cloud-Reise in Zukunft gehen?

Nils: Für viele Unternehmen, insbesondere Start-ups und solche, die auf schnelle Innovation angewiesen sind, wird eine spezialisierte Cloud-Plattform weiterhin die bevorzugte Wahl sein. Die Vorteile, die sich aus der tiefen Integration mit den nativen Cloud-Diensten ergeben, überwiegen oft die potenziellen Risiken eines Vendor Lock-in. Vor allem die Geschwindigkeit, mit der neue Funktionen implementiert und auf den Markt gebracht werden können, ist hier entscheidend. Ich denke, dass die Cloud-Provider in Zukunft noch engere und umfassendere Services anbieten werden, die es für Unternehmen schwer machen, auf diese Vorteile zu verzichten.

Nils Botthäuser, Senior Manager 

„Die Vorteile, die sich aus der tiefen Integration mit den nativen Cloud-Diensten ergeben, überwiegen oft die potenziellen Risiken eines Vendor Lock-in.“  

Markus: Ich glaube, dass die Zukunft in einer zunehmenden Standardisierung und Vereinheitlichung liegt. So werden Multi-Cloud-Strategien vor allem für große Unternehmen weiter an Bedeutung gewinnen, die sich nicht von einem einzigen Provider abhängig machen wollen. Und in Zeiten, in denen sich Marktbedingungen und Technologien rasend schnell ändern, wird die Fähigkeit, ebenso schnell zwischen verschiedenen Cloud-Providern zu wechseln, ein entscheidender Wettbewerbsvorteil sein.

Markus Fischer, Cloud Fellow 

„Die gewonnene Flexibilität, die oft für meinen Markterfolg entscheidend ist, rechtfertigt den Mehraufwand einer agnostischen Multi-Cloud-Lösung.“ 

Welches Fazit zieht ihr? Gibt es einen Standpunkt, auf den ihr euch einigen könnt?

Nils: Bei allen genannten Vor- und Nachteilen gibt es für mich keine pauschale Antwort auf die Frage, ob eine agnostische Multi-Cloud-Lösung oder die Nutzung eines spezialisierten Cloud-nativen Dienstes wie AWS besser ist. Vielmehr hängt die Entscheidung stark von den spezifischen Anforderungen und Zielen des jeweiligen Unternehmens ab.

Markus: Ich sehe das genauso, möchte aber noch hinzufügen, das eine hybride Strategie, die die Elemente beider Ansätze kombiniert, manchmal der beste Weg ist, um die Vorteile zu maximieren und die Risiken zu minimieren. Und in jedem Fall ist es unverzichtbar, eine fundierte Entscheidung zu treffen, die auf einer sorgfältigen Analyse der eigenen Bedürfnisse und Ressourcen basiert.

Entdecke neue Trends, bleibe up-to-date: Exxeta Newsletter

Spotlight